Ankeralarm! – Eine Havarie durch Betrug

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Gebrochener und rostiger Ankerketten-Verbinder

Was wir niemals für möglich gehalten hätten: Die neue Kette bricht!

Wir leben und arbeiten an Bord als Langzeitsegler, je nach Jahreszeit und Segelrevier verbringen wir ca. die Hälfte der Zeit vor Anker – ein gutes Ankergeschirr ist also lebenswichtig!

W: Werftzeiten mit dem Schiff an Land

10%

H: Hafenzeiten mit dem Schiff im Hafen

20%

A: Vor Anker                        

50%

S: Segelnd unterwegs                    

20%

Wenn wir das Schiff verlassen, legen wir es in einen sicheren Hafen, vor Anker ist immer eine Ankerwache an Bord. Wir verlassen das ankernde Schiff höchstens einmal bei ruhigen Bedingungen für einen kurzen Trip, da im Ankerfeld viele Unwägbarkeiten auftauchen können:
•    Drehende Winde oder kenternde Tiden können den Anker ausbrechen, der sich eventuell nicht wieder eingräbt.
•    Der Anker kann bei Starkwind oder Tidenwechsel slippen.
•    Andere Ankerlieger können dem Schiff zu nahe kommen
•    Manchmal wird von anderen versehentlich der Anker gezogen

Das haben wir alles schon erlebt und waren immer wieder froh, dass wir an Bord waren und darauf reagieren konnten.

Attacke der „Gebirgsmarine“: Österreicher auf einem Angel-Charterboot fischen unseren Anker

 

Seit wir den Katamaran fahren, haben wir das Ankergeschirr kontinuierlich verbessert:

  • Wir fahren einen geschweißten Delta-Anker von 50 lbs. als Hauptanker mit neue Ankerhalterung aus Edelstahl, da die alte Alu-Führung zu schwach war und der Anker sich lästigerweise ständig darin verklemmte.
  • Weiter einen geschmiedeten CQR Anker von 40 lbs als Zweitanker, der einsatzbereit auf einer Halterung am vorderen Beam geriggt ist.
  • Sowie einen Klappanker von 20 lbs. als Kaffee-Anker
  • Die Anker-Winsch erhielt eine zusätzliche Fernsteuerung, um das Fieren und Dichtholen der Kette zu erleichtern.
  • Die verzinkte 8mm Ankerkette war 45 m lang und wir stellten fest, dass sie für die steilen Bedingungen auf den Kanaren etwas zu kurz war.

Auf den Kanaren entschlossen wir uns im Januar 2023 zum Kauf einer neuen, 60m langen Anker-Kette:

In Teneriffa in der Marina Amarilla bestellten wir im Fachgeschäft eine neue Kette nach DIN 766 aus 8 mm feuerverzinktem Stahl für einen guten Preis von760 €. Dann wurde eine verzinkte Kette geliefert, die überhaupt nicht der geforderten Norm entsprach und nicht in die Führungen der Ankerwinsch passte. Wir gaben sie zurück und die richtige Kette wurde neu bestellt.
Daraufhin stellte sich heraus, dass die bestellte Kette nicht lieferbar sei, nur eine bessere feuerverzinkte Qualität zu einem Aufpreis von weiteren 150€, was wir akzeptierten.

Die passende Kette wurde endlich nach 4 Wochen geliefert und installiert. Wir freuten uns sehr über die neue glänzende Ausrüstung und segelten 6 Monate zwei Runden um die Kanarischen Inseln.

Unglaublich: Havarie vor Lanzarote alleine vor Anker:

Schon zweimal hatte der Skipper den Ankerplatz in der Nähe des Museo Atlantico bei der Marina Rubicon gewechselt, um auch bei Südwind genügend Lee-Raum zu haben. Um ruhig schlafen zu können hatte er am Vorabend bei 12m Wassertiefe 55 Meter gesteckt, fast die volle Kettenlänge.
Um 8:30 morgens beim Frühstück: Die Kette ruckte wie üblich im Rhythmus der Wellen, nicht ungewöhnlich bei 10-15 kn Wind und 0,5 m Schwell. Dann spürte ich einen stärkeren Ruck vom Schwell der vorbeifahrenden Touristenboote und Fähren – danach war es plötzlich wunderbar ruhig.
Bernhard: „Ich war noch unsicher, was ich davon halten sollte, da ging 30 Sekunden später der Ankeralarm los. Ungläubig schaute ich auf den Plotter, der mir zeigte dass ich mit 3 kn abtrieb. Sofort war ich draußen, um zu sehen was los war. Die Ankerkette hing senkrecht nach unten und das Schiff trieb quer zum Wind ab. Ich schmiss die Hahnepots los und holte den Anker auf. Nach etwa 5 m verschwand die Kette im Ankerbeschlag… ohne Anker!“

Nach unserem Schnell-Start Protokoll (SSP) gelang es auch mit aufgeholten Rudern das Schiff wieder mit beiden Maschinen unter Kontrolle zu bekommen – Nach 2 Minuten liefen beide Motoren und der Verlust des Schiffes und Schlimmeres konnte verhindert werden.
2 h später Im Hafen wurde es vollends klar: Ankerkettenbruch! Der Anker und 50m Kette war auf 12m Wassertiefe verloren worden und das Schiff war beinahe an der Felsküste gestrandet. Zwei Tage später organisierten wir die Bergung der verlorenen Kette und des Ankers mit zwei Tauchern. Wir fanden sogar das gebrochene Verbindungs-Glied.

Was war passiert???

Man hatte uns keine 60m Kette am Stück, sondern eine 50 m tauchverzinkte Kette und eine 10m feuerverzinkte Kette verkauft, die mit einem billigen, verzinkten und nicht verschweißten Kettennotverbinder zusammengedengelt waren. Die Kette wies eine Bruchlast von 63 kN auf, während der Kettenverbinder nur eine Arbeitslast von 0,3 kN und eine Bruchlast von 1,26 kN hatte. Das minderwertige Material korrodierte außerdem sehr schnell!
Nach 6 Monaten an Bord und drei Wochen Gebrauch war der 50 Meter Teil zudem komplett verrostet, der 10m Teil zeigte nur noch wenig Zink und das Kettenschloß war verrostet, ausgedünnt und dann gebrochen.

Die Reklamation wegen Betrug und vorsätzlicher Gefährdung:

Der Lieferant hatte zwischenzeitlich sein Geschäft aufgegeben und war untergetaucht. Er meldete sich wochenlang nicht auf unsere Reklamation. Wir fanden seine neue Firma an einem anderen Standort in Las Chafiras. Nach 5 Wochen meldete er sich doch noch und lehnte jede Verantwortung ab mit dem Hinweis , dass nach 6 Monaten die Garantie abgelaufen sei und wir außerdem die Kette schlecht gewartet hätten. Dass eine minderwertige Kette in zwei unterschiedlichen Qualitäten mit einem noch minderwertigerem Kettenverbinder geliefert wurde, interessierte ihn gar nicht.

Unsere nächsten Schritte:

Um wieder ankern und weiter fahren zu können, bauten wir die gebrochene und rostige Kette wieder bis auf 50 m ein, hatten damit aber ein sehr schlechtes Gefühl. Also unternahmen wir die folgenden Schritte:

  1. Kauf und Installation einer hochwertigen, seewasserbeständigen 70m langen und 8mm starken Nirokette nach DIN 766
  2. Erneute Reklamation mit Hilfe eines befreundeten Händlers auf Teneriffa
  3. Anzeige wg. Gefährdung und versuchten Totschlags bei der Policia National
  4. Warnung an alle Leser und Freund unseres Blogs
  5. Öffentlichkeit herstellen in der Segler Community ARC, TO, private Kontakte


In meinen 50 Jahren als Taucher und Segler habe ich noch nie davon gehört, dass jemandem eine Ankerkette gebrochen ist. Ich hätte gerne auf diese Erfahrung verzichtet.

Was uns und unser Boot gerettet hat:

  • 3 Minuten Abstand zur Küste /von Legerwall
  • Ankeralarm von Time Zero
  • Ein geübtes Verfahren zum Notstart der Motoren
  • Knapp ablandige Windrichtung

Auf dass die neue Nirokette uns in Zukunft sicher hält!